konrad weber

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4½ mal auf den Niesen

 

2362 m ü.M., Berner Oberland, 19. Juli 2008

 

(Bergtouren-Bericht von Konrad Weber)

valgrande

 

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Eine Frage beschäftigte mich jahrelang: Schaffe ich 10'000 m Aufstieg zu Fuss in einem Tag?

Die erste Gelegenheit, diese Frage zu beantworten, sah ich, als ich 2001 in Norwegen wohnte. Die Mitternachtssonne würde es begünstigen, 24 Stunden zu laufen, die Temperaturen wären angenehm und die dicke Luft auf Meereshöhe kämen der Atmung zu Gute. Als ich dann nach zwölf Stunden 5200 m Aufstieg hinter mir hatte, waren es aber auch 5200 m Abstieg, und das begann sich ungesund auf meine Knie auszuwirken, deshalb brach ich ab. Es war mir immer wichtig, keine gesundheitlichen Risiken einzugehen für solche Experimente.

2008 wollte ich es nochmals versuchen, diesmal an einem Berg, der möglichst viel Aufstieg auf wenig Distanz an einem Stück erlaubte, verschiedene Routen anbot (es sollte mir nicht langweilig werden) und eine Bergbahn für den Abstieg hatte, die möglichst lange über den Tag verteilt fuhr. Diese Kriterien erfüllt der Niesen am besten. Am wichtigsten war der Fahrplan der Niesenbahn, der Abstiege zwischen 8.15 und 22.55 Uhr erlaubt.

Am Tag vor der Tour kaufte ich viel nahr­haf­ten Food ein und ich fuhr mit meinem Vater nach Wimmis, auf 890 m ü.M. stellten wir das Zelt am Fuss des Niesen auf. Am Samstag, dem 19. Juli stand ich um 5.10 Uhr auf und startete zwanzig Minuten später. Mein Vater coachte mich an diesem Tag, in dem er die Food-depots nachfüllte. Zum Glück durfte ich seine Wanderschuhe benutzen, denn ich hatte meine zu Hause vergessen. Im ersten Aufstieg zum Niesen (Westseite) kam ich gut voran und wäre um Viertel vor acht auf dem Gipfel angekommen. Um zu verhindern, dass ich eine halbe Stunde auf die erste Bergfahrt hätte warten müssen, machte ich einen kurzen Abstieg auf 2163 m ü.M. auf dem Westgrat. Die erste Standseilbahn fuhr mich um 8.17 Uhr von 2340 auf 692 m ü.M.  hinab, was mir eine gute Pause und viel ersparte Abstiegs­belastung gönnte. Mein Vater versorgte mich bei der Talstation in Mülenen mit Material aus dem Auto, danach stieg ich die Ostflanke hinauf, während er mit der Bahn in die Mittelstation fuhr, um ein Depot für mich anzu­legen. Für den zweiten Aufstieg brauchte ich 2 Stunden und 37

 

niesen

Viele Routen – ein Projekt

 

Minuten, um die Zeit bis zur nächsten Talfahrt zu nutzen stieg ich die letz­ten 120 m vor der Berg­station zweimal auf. Beim dritten Aufstieg (auch Osthang, aber andere Wege) brauchte ich 2 Stunden und 44 Minuten (diesmal hatte es auch auf 2090 m ü.M. ein Depot mit Süssgebäck, Cola und Traubenzucker. Den vierten Aufstieg von Mülenen auf den Niesen machte ich über die Alpport (1644 m ü.M.) und machte auch eine 20 Minuten Pause als Abendessen. Mit der Bahn um 20.00 Uhr fuhr ich wiederum ganz hinab. Das untere Food-depot nahm ich dann nach dem fünften Start gleich mit und während es dunkel wurde, traversierte ich zum Grat auf 1436 m ü.M., wo ich meinen Vater traf. Er war mir mit dem Auto bestmöglich entgegen gekommen und fuhr mich ins Tal hinab. Mit der Stirnlampe machte ich einen sechsten Aufstiegsteil der Fahrstrasse entlang. Auf der Strasse kam ich in Sachen Höhe schlecht voran, die Autofahrten dauerten länger, als ich dachte und es begann zu regnen. Gegen 23 Uhr lief ich noch mit einer Aufstiegsgeschwindigkeit von 600 m Höhe pro Stunde, ich rechnete mir aus, dass ich die ganze Nacht durch zwar die 10'000 m Aufstieg schaffen würde aber danach krank wäre (Regen, Kälte, Erschöpfung), das war mir nicht egal und beendete das Projekt deshalb um 0.57 Uhr. So hatte ich in 19 Stunden und 27 Minuten 8645 m Aufstieg, 660 m Abstieg (zu Fuss) und 32,5 km Strecke (ergibt 123,5 Leistungskilometer) gemacht (davon 5000 m Aufstieg innerhalb 9 ½ Stunden). Mein Vater fuhr mit mir nach Hause, wo ich um drei Uhr nachts schlafen gehen konnte. Danke.

Aufstieg Niesen2

 

Das Höhenprofil zum Niesen-Projekt (rot: Aufstieg, blau: Abstieg zu Fuss, grün: Abstieg in der Bergbahn oder im Auto, flach: Pausen über 5 min)